Bericht über den Offenen Abend am 11.10.2017
Hohe Wertschätzung für Fuat Kilic und sein Team
Der Abend begann mit einer freudigen Überraschung: Abgesprochen war, dass er nach Möglichkeit zwei, drei Spieler aus dem Regionalliga-Kader mitbringen möge. Tatsächlich rückte unser Coach Fuat Kilic mit gleich sechs Stammspielern im Werner-Fuchs-Haus an und brachte zudem noch seinem Co-Trainer Simon Pesch mit. So stand einer munteren Gesprächsrunde nichts im Wege. Viele der rund 40 Fans im WFH nutzten die Chance, dem Trainerteam und der Mannschaft einfach einmal persönlich Danke zu sagen für ihren Einsatzbereitschaft, ihren Teamgeist und für die im bisherigen Saisonverlauf fast immer sehr ansprechenden Leistungen auf dem Platz. Es wurde aber auch deutlich, dass die Alemannia angesichts der wie vor angespannten finanziellen Situation längst noch nicht über den Berg ist und dass es nicht leicht werden wird, die hoffnungsvolle Mannschaft in der nächsten Saison zusammenzuhalten.
Vor allem Trainer Fuat Kilic durfte sich über höchstes Lob seitens der Fans freuen. Es sei einfach toll, mit wie viel Akribie, Kompetenz, Optimismus und Elan er trotz der schwierigen Rahmenbedingungen am Aufbau der neuen, sehr jungen Mannschaft arbeite. Fürs Image nicht zu unterschätzen sei auch das sympathische Erscheinungsbild, das der Alemannia-Tross bei Freundschaftsspielen wie jüngst beim SV Breinig abgebe.
„Werner Fuchs wird in den Herzen der Fans für immer eine ganz besondere Stellung einnehmen. Aber keiner, der nach ihm gekommen ist, kommt so nah an ihn heran wie du“, meinte einer der Gäste unter dem Beifall des Publikums. „Ich empfinde es als riesiges Zeichen der Wertschätzung, mit diesem großartigen Trainer verglichen zu werden“, bedankte sich Fuat Kilic, gab das Lob aber gleich an die Mannschaft weiter.
Die fast komplett neu formierte Truppe ziehe sensationell gut mit: „Man muss immer bedenken, dass wir erst seit 17 Wochen zusammen sind und viele sehr junge Spieler in unseren Reihen haben. Da kann noch nicht alles klappen, und da bitte ich auch euch Fans um Geduld“, so Kilic. Mit Rückschlägen wie in Erndtebrück oder gegen Düsseldorf II müsse man einfach leben. „Wichtig ist, dass alle bereit sind, aus Fehlern zu lernen und gemeinsam Schritt für Schritt nach vorn zu kommen. Und der unbedingte Wille, zusammen etwas zu erreichen, ist in dieser Mannschaft auf jeden Fall sehr ausgeprägt vorhanden. Das hat man beispielsweise in Dortmund und Uerdingen sehr eindrucksvoll sehen können.“
Kapitän Nils Winter, Patrick Nettekoven, Daniel Hammel, Mergim Feyzullahu, Maurice Pluntke, David Pütz und Co-Trainer Simon Pesch betonten in einer Fragerunde unisono, dass sie sich in Aachen sehr wohlfühlen. Die Unterstützung der Fans sei für die vierte Liga immer noch einmalig und für die gesamte Mannschaft eine große Motivation. Nettekoven bedankte sich vor allem bei den Auswärtsfahrern; „Sie sorgen dafür, dass wir gefühlt 34 Heimspiele haben.“ „Auf der kurzen Fahrt zum Training sehe ich immer zehn oder 15 Autos mit Alemannia-Aufklebern. Das zeigt schon, welche Bedeutung die Alemannia in der ganzen Stadt hat“, ergänzte Daniel Hammel. Und Mergim Feyzullahu schwärmte:„Es gibt nichts Schöneres als vor diesen Fans zu spielen. Da will man gar nicht groß nachdenken, sondern einfach Vollgas geben und immer versuchen, alles zu gewinnen.“
Aber es kamen auch einige harte Fakten zur Sprache. Das Wichtigste in Kürze:
Wechselgerüchte um Tobias Mohr: Jemand wollte gehört haben, Tobi werde den Verein eventuell schon in der Winterpause verlassen. Kilic betonte, bislang sei niemand persönlich an ihn herangetreten. „Es gibt keine offizielle Anfrage. Ich weiß aber, dass er und andere unter Beobachtung stehen und dass bei jedem Spiel eine Menge Scouts im Stadion sind. Ich bin grundsätzlich keiner, der den Spielern Steine in den Weg legt, wenn ich eine echte Chance für sie sehe, den nächsten Schritt zu tun. Wenn ernsthafte Angebote kommen, wird man genau überlegen und die beste Entscheidung im Sinne des Vereins suchen müssen.“
Die finanzielle Situation: Der Etat für die laufende Spielzeit ist laut Kilic immer noch nicht ganz gedeckt. „Es fehlt noch etwas, und wir müssen jetzt sehen, dass wir am Ende der Saison nach hinten raus nicht wieder Probleme bekommen.“ Für die kommende Saison sei es ganz wichtig, dass der Mannschaftsetat (derzeit ca. eine Million Euro) zumindest nicht noch weiter zusammengestrichen werde. Derzeit liege man finanziell im unteren Mittelfeld der Liga. Um ernsthaft oben angreifen zu können, brauche man über kurz oder lang zweifellos mehr Geld als jetzt. Kilics „Traum“ wäre ein („derzeit nicht realisierbarer“) Spielbetriebsetat von etwa zwei Millionen Euro. „Die Spieler haben zum Teil noch Minijobs und müssen sich schon strecken, um sich in Aachen wenigstens ein Zimmer mieten zu können. Es wäre schon ein Fortschritt, wenn ich ihnen vernünftige Verträge vielleicht auch mal für zwei Jahre anbieten könnte.“
Aufsichtsratsmitglied Mike Schleiden ergänzte, dass der überaus einsatzfreudige neue Geschäftsführer Martin vom Hofe derzeit pausenlos unterwegs sei, um sich bei potenziellen Sponsoren vorzustellen und um die Lücke zu schließen. Andeutungsweise sprach Schleiden davon, dass „gewisse Irritationen“ im laufenden Insolvenzverfahren die Sache nicht leichter machten. Hier gibt es bekanntlich einen juristischen Streit darüber, wem die Gelder zustehen, die die Alemannia-Zweckgesellschaft im Nachgang der ersten Insolvenz angesammelt hat.
Die sportliche Perspektive: Der Trainer bescheinigt der Mannschaft zwar „ein Riesenpotenzial“. Mit den finanzstarken Klubs wie Uerdingen, Viktoria Köln und den Zweitvertretungen der Bundesligisten werde man letztlich aber nur mithalten können, wenn man kontinuierlich am obersten Limit spiele, von Verletzungen verschont bleibe und auch ein bisschen Glück habe. „Wenn wirklich alles passt, können wir vielleicht für eine große Überraschung sorgen. Aber man muss auch sehen, dass andere Klubs abzockte Spieler mit Dritt- und Zweitliga-Erfahrung in ihren Reihen haben. Diese Abgezocktheit fehlt uns im Moment natürlich noch.“
Die Trainingsbedingungen: Hier sieht Kilic Handlungsbedarf. Der einzige Naturrasenplatz hinter dem Parkhaus sei „verwurmt“ und ebenso sanierungsbedürftig wie die Kunstrasenfelder auf dem Parkhausdach. „Die haben keine Dämpfung, die sind hart wie Beton. Das bringt ein großes Verletzungsrisiko mit sich.“ Umso dankbarer sei man dafür, hin und wieder auf Rasenplätzen umliegender Vereine ausweichen zu können.
Die Personalie Peter Hackenberg: Ein Rückkehr ins Team ist laut Kilic schon aus finanziellen Gründen kein Thema. Hackenberg strebe nach wie vor einen Wechsel in höhere Ligen möglicherweise auch im Ausland an. „Wir sind trotzdem froh, ihn als ständigen Trainingsgast bei uns zu haben, denn er hilft den Jungs mit seiner Erfahrung wirklich weiter. Man soll niemals nie sagen, aber ich sehe eigentlich keine realistische Chance, obwohl er sportlich sicherlich ein Gewinn für uns wäre.“
Fuat Kilics Zukunftspläne: Der Coach machte keinen Hehl daraus, dass er irgendwann „nach oben will“. „Den großen persönlichen Aufwand, wie ich ihn jetzt hier betreibe, kann und will ich mir auf Dauer in der Regionalliga einfach nicht antun.“ Seinen Job in Aachen mache er aus voller Überzeugung und mit voller Kraft; ein Abschied während der laufenden Saison sei „fast ausgeschlossen“. „Aber ich möchte auch eine gewisse Perspektive sehen. Ich muss sehen, dass der Verein ein Fundament legt, auf dem man wirklich etwas aufbauen kann.“ Mit Blick auf die kommende Saison heiße das beispielsweise, dass „der Budgetrahmen frühzeitig abgesteckt wird und dass Spieler und Trainer rechtzeitig wissen, wie es hier weitergeht.“