Berichte zu den Vorfällen vor und nach dem Heimspiel gegen Union Berlin

Bericht aus Sicht der Aachen Ultras, Aquisgranum Delirium und Commando Aachen

Schon Stunden vor dem Heimspiel von Alemannia Aachen am vergangenen Sonntag konnte man im Stadionumfeld des neuen Tivolis unverhältnismäßig viele Polizeifahrzeuge beobachten. Mit dem 1. FC Union Berlin war ein Verein zu Gast in Aachen, zu dem keinerlei Rivalität zwischen den Fanlagern vorliegt, daher konnte man sich dies zunächst nicht erklären.

Nach der offiziellen Öffnung der Stadiontore positionierten sich auch im Stadioninneren mehrere Beamte der Hundertschaft, welche in Zusammenarbeit mit den SKBs (Szenekundige Beamte) der Aachener Polizei einzelne Fans beim Betreten des Stadions filmten, abfotografierten und teilweise auch zur Personalien-feststellung zur Seite nahmen. Auf Nachfrage beim Ordnungsdienst erfuhr man schließlich, dass besagter Einsatz der Personalien-feststellung von anscheinend auf Videoaufnahmen erkannten Personen galt, welche beim Auswärtsspiel bei Fortuna Düsseldorf angeblich Sitzbänke mutwillig demoliert hatten. Das oben geschilderte Auftreten der Polizei, welche bei diesem Spiel zum ersten Mal ganz offensichtlich im Stadioninneren auftraten, beängstige viele der anwesenden Fans.

Von der Gruppe Aachen Ultras wurden weder vor dem Spiel (außerhalb des Stadions) am Fantreff, noch beim Betreten des Stadions bzw. des Block S3 Personen bezüglich einer Personalienfeststellung zur Seite genommen, obwohl es ausreichend viele Möglichkeiten dazu gegeben hätte. Das Spiel verlief ohne jegliche Zwischenfälle. Vor allen Blockausgängen der gesamten Südtribüne positionierten sich jedoch schon kurz vor Spielende wieder etliche Beamte der Hundertschaft, um dann gezielt ein Mitglied der Gruppe Aachen Ultras von hinten zu überwältigen. Besagter Person wurden dabei die Augen zugehalten und er wurde darauffolgend in äußerst rabiater Weise zur Personalienfeststellung abgeführt. Diesen Vorgang bekamen auch weitere Mitglieder der Gruppe Aachen Ultras mit, welche wie bei jedem Heimspiel geschlossen den Block verließen. Auch dieses Ritual müsste den Szenekundigen Beamten bekannt gewesen sein. Auf Nachfrage, warum dieser Zugriff nicht schon vor dem Spiel in deeskalierender Form getätigt wurde und warum man diesen darüber hinaus in der bereits geschilderten unverhältnismäßig rabiaten Art durchführte, bekam man keine Antwort. Stattdessen wurden die Beamten der Hundertschaft handgreiflich und schubsten einzelne Personen zur Seite bzw. drängten diese zurück.

Zu dieser Zeit ging von der Gruppe keinerlei Gewalt gegen Polizeibeamte aus, lediglich wurde das Unverständnis über die Art und Weise des Zugriffs in verbaler Form geäußert. Die behelmten Polizeibeamten hielten provokanterweise bereits ihre Pfefferspray-Flaschen im Anschlag. Von der Rückseite näherten sich ebenfalls Beamte der Hundertschaft und versuchten somit, die Gruppe einzukesseln. Dem Zugführer / Einsatzleiter schien den verbalen Protest bereits als Angriff auf seine Kollegen gewertet zu haben und blies mit einem Fingerzeig auf eine weitere Person aus der Gruppe und dem Ausruf „Den will ich unbedingt haben!“ zum Angriff. Daraufhin verlagerte sich das Geschehen auf den Platz vor der Südtribüne (außerhalb des Stadions), dort gingen behelmte Polizeibeamte nun gezielt unter dem Einsatz von Schlagstock und Pfefferspray auf die Gruppe los. Alle Anwesenden, darunter auch Außenstehende, wurden nun mit dem Schlagstock, Faustschlägen und Tritten der Beamten traktiert bzw. ihnen wurde gezielt Pfefferspray in das Gesicht gesprüht. Fans, die sich verständlicherweise vor der sinnlosen Gewalt, die von den Polizeibeamten ausging, durch die geöffneten Fenster in den Fantreff retteten, waren wohl der Grund, dass nun auch Pfefferspray in den Fantreff gesprüht wurde. Eine Person wurde dabei gewaltsam zu Boden gebracht und mit Kabelbindern gefesselt, dabei wurde der Person mehrfach von Polizisten gegen den Kopf getreten.

Die Leiterin des AWO-Fanprojekts, Kristina Walther, versuchte deeskalierend auf die Situation einzuwirken und wurde ebenfalls, ungeachtet der Tatsache, dass es sich bei ihr um eine Sozialpädagogin handelt, die gerade in solchen Situation schlichtend eingreifen soll, zur Seite geschubst und mit einem Platzverweis belegt. Derweil wurden sich direkt vor dem Fantreff 13 Bauernopfer gesucht, welche eingekesselt wurden, darunter auch Fans, die lediglich am Fenster der IG (Interessengemeinschaft der Alemannia Fans und Fan-Clubs e.V.) Eintrittskarten für die nächsten Auswärtsspiele kaufen wollten. Heranstürmende weitere Polizisten nahmen darüber hinaus keine Rücksicht auf Fans, darunter auch Frauen und Kinder, die das Stadion verließen und rannten diese fast über den Haufen.

Als sich die Situation mehr oder weniger wieder beruhigt hatte, kamen nun auch knapp 20 Uniformierte mit der pauschalen Ansage „Die Herrschaften mit schwarzen Jacken sind hiermit in Gewahrsam genommen“ direkt in die Verkaufsräume. Zeuge dieser Aktion wurde neben Vorstandsmitgliedern der IG auch der Fanbeauftragte der Alemannia, Robert Jacobs, welcher zunächst auf Nachfrage, was dieser Einsatz zu bedeuten habe und warum nun auch in Fanräume eingedrungen wird, mit der Aussage „Sie haben hier nichts zu melden“ abgekanzelt wurde. Unmittelbar nach dem Betreten des Fantreffs packten sich die Polizeibeamten einen völlig verängstigten 14 jährigen Jungen, welcher zufälligerweise auch eine schwarze Jacke anhatte und im Fantreff verweilte und legten ihm direkt Kabelbinder zu Abführung an. Als dieser sich darüber beklagte, dass die Kabelbinder sehr fest gezogen wurden, bekam er nur „Stell dich nicht so an“ zu hören. Die fünf Personen mit einer schwarzen Jacke wurden nun einzeln von einem Polizeibeamten zur Stadionwache geführt und wurden vor den Türen der Wache quasi öffentlich zur Schau geführt. Hier wurden nun die Personalien festgestellt und jeweils zwei Fotos gemacht, bevor alle ein Platzverbot für den Raum Tivoli erhielten.

Die 14 in Gewahrsam genommenen Personen mussten sich vor bis zu vier Beamten, sowie mehreren Mitinsassen in einem nicht geschlossenen Raum komplett entkleiden. Als sich eine Person weigerte, dies in dieser Form zu tätigen, wurde dies mit Gelächter und stupiden Sprüchen wie „Ist dir das etwa peinlich?“ oder „Wenn du das jetzt nicht machst, dann zieh ich dir die Hose runter“ quittiert. Neben diesem menschenunwürdigen Verhalten seitens der Polizei berichteten weitere Personen, welche in Gewahrsam genommen wurden, dass man sie während der Polizeiobhut nicht wie normale Menschen, sondern eher wie Vieh behandelt hätte. So wurden sie durch die Gänge gejagt und halbnackt in eine der Zellen geworfen. Manche Personen saßen knapp eine Stunde nur mit T-Shirt und Boxershort bekleidet in einer völlig unterkühlten Zelle. Neben der körperlichen Diskriminierung wurden auch Einwürfe wie „Herzlichen Glückwunsch, ihr habt den Hauptpreis gezogen, bundesweites Stadionverbot“ seitens der Polizeibeamten von sich gegeben.

Wir sind der Überzeugung, dass die Personalienfeststellung der einzelnen Person nach dem Spiel, welche nun als Auslöser des darauffolgenden Polizeieinsatzes dargestellt wird, völlig überzogen vonstatten ging. Es gab, wie eingangs erwähnt, mehrere Möglichkeiten, dies bereits vor dem Spiel in deeskalierender Art und Weise zu tätigen. Darüber hinaus wurde von zumindest einem SKB gegenüber Kristina Walter bestätigt, dass dieser die Person zumindest vom Sehen her kannte und auch der Gruppe Aachen Ultras zuordnen konnte. Weiterhin verurteilen wir die Einkesselungsversuche und die darauf folgende sinnlose Gewalt, welche von den Beamten der Hundertschaft gegenüber der oben erwähnten Personengruppe ausging, aufs schärfste. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass dies eine völlig gezielte Aktion gegen die Personengruppe darstellte und zu keinem Zeitpunkt differenziert bzw. gar deeskalierend von den eingesetzten Polizeibeamten gehandelt wurde. Warum drangen Polizeibeamte unter dem pauschalen Vorwand, alle Personen mit schwarzen Jacken in Gewahrsam nehmen zu wollen, in einen geschützten Fanraum, wie dem Fantreff, ein?

Wir erhoffen uns ein rückwirkend eine selbstkritische Betrachtung der Verhaltensweise seitens der Polizei. Es darf unserer Meinung nach nicht sein, dass nun Fans unter dem unüberlegten und völlig überzogenen Verhalten der Polizei zu leiden haben und im schlimmsten Falle mit einem Ermittlungsverfahren und einem bundesweitem Stadionverbot belegt werden.

Aachen Ultras 1999
Aquisgranum Delirium
Commando Aachen


Bericht aus Sicht der Fan IG, des Fanbeauftragten Robert Jacobs sowie des Fanprojekts (Kristina Walther)

Am 25.Oktober 2009 kam es nach dem Heimspiel der Alemannia gegen die UNION aus Berlin im Bereich der Südtribüne und hier insbesondere im Bereich des Fan-Treffs sowie im Fanraum zu Polizeiaktionen, die in gar keiner Weise angemessen und verhältnismäßig und deshalb nicht akzeptabel waren.

Insbesondere bemängeln wir entschieden den Einsatz von Pfefferspray im Umfeld der Räume des Fantreffs. Unbeteiligte, die sich in der Nähe des Fantreffs aufhielten wurden massiv gehindert, die dort zu erhaltenden Auswärtskarten zu kaufen, Frauen, Kinder und Jugendliche wurden körperlich bedrängt und behindert.

Neben dem Einsatz von Pfefferspray überschritt der Einsatz von Schlagstöcken sowie die Anwendung unmittelbaren Zwangs das Gebot der Verhältnismäßigkeit des Einsatzes der polizeilichen Mittel bei weitem.

Die Leiterin des Fanprojektes wurde bei dem Versuch, schlichtend und vermittelnd tätig zu werden mit Platzverweis belegt, der Fan-beauftragte wurde im gleichen Zusammenhang massiv in seinen Rechten behindert.

Wir sind empört und haben keinerlei Verständnis, dass zur Feststellung von Personalien derart massiv vorgegangen wurde, zumal diese offenbar bereits bekannt waren, die Aktion schien ihrem gesamten Eindruck nach mehr einem „Exempel“ zu dienen als der sachlichen Notwendigkeit.

Für die Zukunft fordern wir:
– Den gesamten Bereich und die Räume des Fantreffs als eine friedliche Begegnungszone aller Fans zu respektieren,
– vor, während und nach notwendigen Polizeimaßnahmen die Leiterin des Fanprojektes und den Fanbeauftragten sowie die Vertreter der Fan-IG und des TSV deeskalierend und kooperativ in die Maßnahmen einzubeziehen, respektvoll, angemessen und mit Rücksicht insbesondere auf Kinder, Jugendliche und Frauen zu handeln,
– Die Verhältnismäßigkeit der Mittel bei notwendigen Einsätzen strikt zu wahren.

Die „Interessengemeinschaft der Alemannia Fans und Fan-Clubs e.V. (Fan-IG)“ wird unverzüglich das Gespräch mit den für den Polizeieinsatz Verantwortlichen suchen mit dem Ziel, die genannten Vorfälle zu klären und ihren Forderungen den notwendigen Nachdruck zu verleihen.

Alemannia Fan-IG – Interessengemeinschaft der Alemannia Fans und Fan-Clubs e.V.
AWO-Fanprojekt Aachen
Robert Jacobs – Fanbeauftragter

Kommentare: 6 Kommentare

6 Kommentare zu “Berichte zu den Vorfällen vor und nach dem Heimspiel gegen Union Berlin”

  1. adler sagt:

    Wird es konsequenten für die Polizei geben?
    Wieviel Mitschuld hat der Verein?

  2. Frank sagt:

    Hallo Adler,

    kurze Infos du deinen beiden Fragen:

    Konsequenzen für die Polizei ??

    Wir werden versuchen einen Termin beim Pressesprecher der Polizei zu bekommen um diese Sache dort in allen geschehenen Punkten anzusprechen.Mehr dazu dann nach Klärung des Gespräches wohl hier auf der HP.

    Mitschuld Verein??

    Laut Nachfragen der IG bei den Verantwortlichen der Alemannia wurde dieser Einsatz weder noch bei der Alemannia selber oder beim Fan Beauftragten oder Fanprojektleitung im Vorraus angemeldet.

    Hoffe dir damit ein wenig behilflich gewesen zu sein.

    Schwarz Gelbe Grüsse
    Frank Beissel

  3. Rambazamba sagt:

    Hallo, ich bin Düsseldorfer und bei uns passierte fast das gleiche vor einem Spiel gegen Berlin. Danach gab es für den Einsatzleiter aber massive probleme. Wir Fans sollten uns endlich mal geschlossen gegen diese Polizeigewalt solidarisieren, sonst passiert das immer wieder und jede woWoche aufs neue und es wird immer härter. Alle betroffenen sollten Anzeige erstatten.

    Gruß aus Düsseldorf
    Rambazamba

  4. ToniTurek sagt:

    Ein Wort: Schweinerei!
    Schließe mich @Rambazamba an, das klingt genauso wie die Vorfälle wie bei unserer Partie gegen Union. Völlig überzogene Aktionen, willkürliches treten und schlagen…unfassbar!

    95 olé!

    Getrennt in den Farben, vereint in der Sache!
    Fußballfans sind keine Verbrecher!

  5. blabla sagt:

    Ich finde es richtig wenn den Ultras die Scheiße aus den Köpfen gehauen wird.
    Sind doch selbst schuld. Und der Bericht is für den A…., denn kein Ultra würde jemals schreiben „wir haben proviziert, gepöbelt, geschubst, geschlagen… “ nein die Ultras gehen ja nur zu den Spielen um sich ein gutes Spiel anzusehen… das ich nicht lache
    Ihr Weicheier habe doch nur ein Problem damit das nicht ihr am längeren Hebel sitzt, sondern die Polizei.
    Wenn es solche Typen wie euch nicht geben würde, dann bräuchte man auch keine Polizei bei den Spielen.
    „Ihr macht unseren Sport kaputt“

  6. Kickersfreak sagt:

    @blabla dir gönne ich besonders nen Schlagstock auf die 12!!!

    Bei uns in Offenbach gab es zwar so was in der form noch nicht, aber das Scheiß Bullenpack macht im Stadion was die wollen!!

    Alle Fans gegen diese willkür im Fußball!!

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