Offener Brief an DFL-Geschäftsführer Seifert

An den Vorsitzenden der DFL-Geschäftsführung
Herrn Geschäftsführer Christian Seifert
Deutsche Fußball Liga GmbH
Guiollettstraße 44-46

60325 Frankfurt/Main

Offener Brief
an den Geschäftsführer der Deutschen Fußball Liga,
Herr Christian Seifert

Fans nehmen Spieltag an, Interview mit dem Fachmagazin „kicker“

Aachen, den 6. Oktober 2009

Sehr geehrter Herr Seifert

Mit großem Erstaunen nimmt die „Interessengemeinschaft der Alemannia Fans und Fan- Clubs e.V.“ Ihre Kommentierung zur Akzeptanz der Anstoßzeiten in der 1. und 2.  Bundesliga zur Kenntnis. Mit Ihrem nicht aus einer seriösen Umfrage gewonnenen Fazit, reden Sie die in Fan- und Zuschauerkreisen unbeliebten Zeiten in unverantwortlicher Weise schön. Eine Bewertung einzig und allein anhand der dokumentierten Zuschauerzahlen und Einschaltquoten ist in höchstem Maße unseriös. Sie ist der untaugliche Versuch, fan- und zuschauerfeindliche Anstoßzeiten zu etablieren.

Sehr weit weg von der Basis
Lustige Kommentare statt nachvollziehbare Argumente

Wie weit weg vom „gemeinen Fußballvolk“, von der Grundlage eines funktionierenden Profisystems muss man eigentlich sein, kommt man zu einem Ergebnis wie dem Ihren? Sehr weit weg! lautet die Antwort. Insbesondere wird dies belegt durch Ihre unsachliche Reaktion auf den Kommentar des Trainers Peter Neururer. Statt der Kritik sachlich zu begegnen, reagieren Sie mit einer unverschämten und nur bei erstem Hinsehen lustigen Antwort (*). Es liegt uns fern den Trainer Neururer zu verteidigen, doch ist Ihre Reaktion eines DFL-Geschäftsführers unwürdig. Sie scheinen nicht an vernünftigen Gesprächen interessiert. Sie versuchen mit allen Mitteln, und sei es mit noch so unsinnigen Argumentationen wie den „Kick-Offs“ in der englischen Premierleague, das „Anstoßzeiten-Diktat“ der DFL als Erfolg darzustellen. Hierbei ignorieren Sie die großen Widerstände, die es auch in England gibt.

Entlarvende Äußerungen

Besonderes Interesse verdient folgende Äußerung:
„Mit dem neuen Modell erwirtschaftet die DFL nach Angaben Seiferts diese Saison mehr
als 430 Millionen Euro für die Clubs. Damit werde der Umsatz im Vergleich zum Vorjahr
gehalten, obwohl die Inlandserlöse um etwa 40 Millionen Euro zurückgegangen sind.“

Diese Äußerung ist ein Schlag ins Gesicht aller Fans und Beleg für Ihre wahre Intention.
Sie lässt nur eine Interpretation möglich erscheinen:

„Lieber in Deutschland vor leeren Rängen,
als den internationalen Markt nicht bedienen zu können.“

Wären die Inlandserlöse, die Zuschauerzahlen oder gar die Pay-TV-Abos in die Höhe geschnellt, dann könnte man Ihrer ursprünglichen Argumentation zumindest ein wenig entgegenkommen.

Ihr Statement ist also in der Summe unglaubwürdig, arrogant und ignorant.

Das Gegenteil ist der Fall

Unsere Wahrnehmung zur Annahme bzw. Nicht-Annahme der Anstoßzeiten ist eine vollkommen andere. Diese Wahrnehmung begründet sich nicht auf uninterpretierbare Zahlen, sondern auf das Gespräch mit dem Fan vor Ort. Bereits nach Bekanntgabe Ihrer Pläne wiesen wir wie auch andere regionale und überregionale Fanorganisationen auf die zu erwartenden Probleme hin. Es ist müßig, Sie an dieser Stelle erneut hiermit zu belästigen.

Vielmehr möchten wir die Fans selber sprechen lassen. Da wir davon ausgehen, dass Sie nicht die Zeit haben unzählige Leserbriefe oder Foreneinträge zu durchforsten oder gewillt sind mit den Fans in einen persönlichen Dialog zu treten, haben wir Ihnen diese Mühe abgenommen. Im Folgenden finden Sie Wortmeldungen von Fans aus der gesamten Republik (Quelle: diverse Vereinsforen, Kommentare von Zeitungslesern, Gespräche mit Fans) zu Ihrer fragwürdigen Interpretation:

„Der neue Spielplan ist der schlechteste, den es je gegeben hat.“

„Ich als Dauerkartenbesitzer habe jetzt eher einen grossen Nachteil durch
die verschiedenen Anstosszeiten, da ich nicht immer zum Spiel kann.“

„ich sehe deutlich weniger spiele als vorher, nehme den spielplan nur mit
großen ärger notgedrungen an“

„Solange die Fans trotzdem ins Stadion kommen und vor den Fernseher, ist es
der DFL egal ob ihr das alte besser findet. Wenn ihr den Spielplan nicht
haben wollt, geht um 13 uhr nicht ins Stadion und kündigt euer Sky-Abo,
wenn das genug Leute machen, wird der Spielplan ganz schnell wieder
umgestellt.“

„Der Seifert hat sie nicht mehr alle“

„Ein Besuch zu einem Freitagsspiel ist aufgrund der Entfernung fast nie
möglich.“

„Wie glatt muss man sein, um vor lauter Geldberge den Unmut der Fans zu
übersehen. Jaja, der Zweck heiligt die Mittel, natürlich ja, jetzt, wo der
Kirch-Deal am A.rsch gegangen ist …“

„Die Termine sind katastrophal. Ich werde die jetztige Dauerkarte noch
absitzen und nach der Saison neu überlegen. Samstag und Sonntag sind durch
die Spielansetzungen hoffnungslos zerschnitten, insbesondere, wenn man von
weiter herkommt.“

„Ist schon irgendwo zwischen frech und unverfroren, was der Seifert da von
sich gibt. Aber was soll er sonst auch sagen? Eine Aussage a la „wir machen
den Fans zwar das Spiel kaputt, scheffeln dafür aber viel mehr Kohle“ wäre
ja auch nicht so richtig doll hier angekommen.“

„finde diese Stückelung des Spieltages nicht so positiv. Mir war es lieber,
als mehr Spiele zur selben Zeit stattgefunden haben!“

Nicht mit uns – Es reicht!

Die „Interessengemeinschaft der Alemannia Fans und Fan-Clubs e.V.“ wehrt sich gegen die Behauptung, die Fans nehmen die Termine und Spielzeiten an.

Wir wehren uns gegen die Termine und Spielzeiten. Sie …

• sind fanfeindlich
• sind familienfeindlich
• gehen zu Lasten der Amateur- und Jugendabteilungen
• schaden insbesondere den Vereinen der zweiten Bundesliga

Wir wehren uns ferner gegen dilettantisch angesetzte Spielplanungen (**).

Wir wehren uns gegen das Diktat der DFL und fordern Sie auf, mit den organisierten Fans in einen für alle Seiten gewinnbringenden Dialog zu treten und Lösungen zu erarbeiten. Selbstverständlich freuen wir uns über eine Antwort. Bitte verschonen Sie uns aber vor einer standardisierten, unpersönlichen Antwort, wie sie unzufriedene Fans regelmäßig von Ihnen bzw. der DFL erhalten.

Für den Vorstand der
„Interessengemeinschaft der Alemannia Fans und Fan-Clubs e.V.“
Dirk Heinhuis


(*) Seifert: „Wenn Herr Neururer erst mal Chelsea trainiert, womit ja nach seiner eigenen Einschätzung täglich zu rechnen ist, wird er feststellen, dass er dort sogar um 12.45 Uhr spielen muss.“

(**) Beispiel für eine besonders irrwitzige und absurde Ansetzung: Am Sonntag, 25.10.2009, sollen nach
Vorstellung der Spieltagsplaner die bedingt freundschaftlich zueinander stehenden Fans des Hamburger SV unddie Fans des SV Werder Bremen gemeinsam ins Ruhrgebiet reisen. Die einen spielen um 17:30 Uhr beim FC Schalke 04, die anderen kicken zu gleicher Zeit beim VfL Bochum.


Download des Originalbriefes


Kommentare: 14 Kommentare

14 Kommentare zu “Offener Brief an DFL-Geschäftsführer Seifert”

  1. Michael P. sagt:

    Hi Dirk, Du sprichst sicherlich nicht nur mir aus der Seele. Diese Funtionäre wie Herr Seifert sind soweit weg von der Basis und vom Volkssport Fussball wie unser Club von der Champions League.

    Tschö wa!

  2. Johannes L. sagt:

    DANKE !

  3. Steve sagt:

    Super formuliert und inhaltich auf den Punkt gebracht!

    Grüße aus Düsseldorf, Steve

  4. yuppes sagt:

    Es wird Zeit, den Herren da oben mal zu zeigen wo der Weg lang geht.
    Freitags und Samstags hab ich keine Chance ein zweitliga-Spiel zu sehen, da ich arbeiten muss.

    Das ist absolut fanfeindlich.

    Danke, Riek
    yuppes

  5. Fred sagt:

    ich, und ich glaube auch alle anderen düsseldorfer, können uns dem brief uneingeschränkt anschließen! die spieltagzerstückelung ist eine frechheit.
    schüler und berufstätige haben fast keine chance auswärtsspiele zu besuchen.

    Grüße aus Düsseldorf, Fred

  6. Dieter sagt:

    Hallo Dirk,

    ich kann Deine Brief am die DFL genau so unterschreiben. Leider wird aber auch dieser Brief nichts nützen. Ein Herr Seifert wird sich doch, wenn er diesen Brief überhaupt zu sehen bekommt darüber tot lachen. Fußball ist nicht mehr das was er mal war. Neue Arenen, neue Fans, mehr öffentliches Interesse durch Fernsehen etc. Die guten alten Stadien, wo die Fans noch wussten wo sie hingehören gibts einfach nicht mehr.

    Einem Herrn Seifert und auch unseren Vereinen, die ja auch an der Planung der Anstoßzeiten beteiligt waren, kann man nur unseren Unmut zeigen, wenn mal ein Spieltag alle Stadien in Deutschland leer bleiben würden. Wenn sich keiner mehr das Sky Abbo zulegen würde.

    Das ist aber Utopie. Also bleibt alles wie es ist, oder wird für uns Stadiongänger gar noch schlimmer.

    MfG
    Dieter

  7. Martina aus Düsseldorf sagt:

    Diesem Brief kann man sich inhaltlich nur voll anschließen! Herzlichen Dank dafür nach Aachen.

  8. Christian sagt:

    Trotz der Rivalität zw.unseren beiden Clubs(Aachen und M’gladbach),muss ich dir ein Kompliment für diesen Brief aussprechen.Er erläutert genau dass,was uns Fans auf der Seele brennt.Dem geht es doch nur um die Kohle!Wie wir das finden,ist den Herrn der DFL doch sch…. egal!
    DANKE DANKE DANKE!

  9. Borussia-MG-Carsten sagt:

    bin durch unser Fanprojekt auf diese Seite gelangt. Der Brief stimmt inhaltlich absolut. Eine dermaßen unverschämte Terminierung der Spiele – speziell in der zweiten Liga – ist eine Frechheit und für jeden Fan ein Schlag ins Gesicht! Insbesondere die Sonntagsspiele für uns Fohlen-Fans sind nicht akzeptabel.

  10. Holger sagt:

    Die Anstoßzeiten sind wirklich der letzte Dreck, gerade für Fans die ein Auswärtsspiel besuchen wollen, ist es sehr schwer den Zielort pünktlich zu erreichen.
    Wenn Alemannia Aachen z.b bei Union Berlin Spielt kommen die Fans nur mit großer mühe rechtzeitig zum Spiel, außer sie stehen schon um 2 Uhr Morgens auf.
    Alle Fußballfans in Deutschland sollten auf die Straße gehen und gegen diese scheiß anstoßzeiten Demonstrieren und der DFL mal kräftig in den hintern treten.

  11. MG-Andreas sagt:

    Kann man da nicht eine Petition o.ä. starten?

  12. Stefan - BMG sagt:

    DANKE_DANKE-DANKE

    Gemeinsam sind wir Stark
    Mit aller Macht und Hand in Hand gegen die neue Anstoßzeiten
    L.G.

  13. BMG1900 sagt:

    Alles vollkommen richtig. Der Fußball ist längst nicht mehr der sogenannte „Volkssport.“ Auf den einfachen Fan wird immer weniger Wert gelegt. Hauptsache die VIP-Logen sind voll, und die TV-Gelder fließen. Aber solange wir alle schön brav weiter in die Stadien gehen, wird sich nichts ändern.

  14. Andreas sagt:

    Liebe IG,

    kam darauf schon irgendeine Reaktion?

    VG
    Andreas

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